Auf den ersten Blick wirkt es geradezu beschaulich, das Winterbild des zur Niederländischen Renaissance zugeordneten Malers Pieter Bruegel d.Ä.. Um 1565 ist es entstanden und unter den Titeln „Die Jäger im Schnee“ und „Die Heimkehr der Jäger“ bekannt. Mit ÖL auf Holz und mit Maßen von 117 x 162 cm ist es ansehnlich groß. Das Bild ist Teil einer Serie über die damals in den Niederlanden üblichen 6 Jahreszeiten (Vorfrühling, Frühling, Frühsommer, Hochsommer, Herbst und eben Winter) Das Bild befindet sich heute in Wien im Kunsthistorischen Museum (5 Bilder der Reihe sind noch erhalten) . Soviel zu den äußeren Daten.
Zum Bildinhalt selbst
Es ist ein Motiv, welches so oft reproduziert wurde und auf so vielen Kalendern, Karten und Postern zu finden ist, dass es schon sehr vertraut wirkt, so vertraut, dass sich wohl die wenigsten flüchtigen Betrachter einmal näher mit den Bildmotiven beschäftigt haben. Auch in bekannte Filme fand das Bild Einzug, so ist es in einer Erinnerungssequenz in dem Tarkowski Film „Solaris“ aus dem Jahr 1972 zu sehen und in dem Film Melancholia von Lars von Trier aus dem Jahre 2011. Genehmigen wir uns nun in aller Ruhe einen zweiten, einen durchaus intensiveren Blick auf diese – auf den ersten Eindruck – ach so vertraute – Winteridylle.
Pieter Bruegel | Düsternis
Obwohl die Farbe grün für Hoffnung und Lebenskraft steht, wirkt diese Farbe hier im Bild Bruegels eher düster als beschaulich, vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil Himmel und Eisflächen die gleiche Farbgebung haben. Die Figuren (auch die Jägergruppe) sind sehr dunkel gehalten. Vögel sitzen auf kahlen Ästen und weit unten im Tal, welches abrupt steil abfällt, sind viele weitere dunkle Figuren auf einer Eisfläche zu finden. Die Gruppe der Jäger ist mit dem Rücken dem Betrachter zugewandt, die Hunde machen einen müden Eindruck. Alles wirkt schwerfällig und mühsam. Ungewöhnlich ist, dass der Maler bei der Gestaltung der Lebewesen (Tiere, Menschen, Bäume) die Farben schwarz überwiegen lässt. Auch ist auffällig, dass das Bild mittig nach unten fällt und im Hintergrund durch die spitzen kahlen Berge nicht gefällig endet. Betrachtet man also genauer die einzelnen Bildbestandteile und die aufgebrochene Komposition, so überwiegt ein sehr düsterer Grundtenor.
Noch unheimlicher wird das Ganze, wenn man sich die Mühe macht, sich einmal die Bildausschnitte im Einzelnen zu betrachten: da wäre besonders hervorzuheben die Szene „Kaminbrand“ (s. Abb unten). Mindestens 8 Personen sind damit beschäftigt, einen offenen Kaminbrand zu löschen. Auf den ersten flüchtigen Eindruck ist diese Szene im Bild kaum zu entschlüsseln. Die Mühsahl der täglichen Arbeit auch hier ganz offen zu erkennen.
Fehlendes Jagdglück
Einen weiteren bemerkenswerten Ausschnitt stellt die Szene „Wirtshaus“ dar (siehe Abb.unten). Mancherorts wird das schief hängende Schild mit der geringen Jadgbeute (dem fehlenden Jagdglück) der Jäger in einen Zusammenhang gestellt. Immerhin haben sie nur lediglich einen Fuchs erlegt. Auch hier wird gefeuert was das Zeug hält. Das ist auch hier wiederum sehr umständlich und schwierig, da offenbar der Wind stark ist und das Anheizen erschwert.
Letztendlich zeigt der Maler das harte Leben einfacher Menschen, welches im Winter besonders schwierig und entbehrungsreich war. Die Vogelfalle in der Bildmitte verstärkt den lebensfeindlichen Eindruck. Der Bildausschnitt (Brücke und Mühle – siehe Abb. unten) zeigt Menschen beim Wintersport. Hervorzuheben das Spiel (ähnlich dem heutigen Eisstockschießen) ebenso wie 2 Frauen, die eine schwere Last über´s Eis ziehen.
Bruegel bleibt an vielen Stellen rätselhaft und atypisch zu anderen Malern seiner Zeit. Der intensivere Blick ist wichtig, um seine Werke zu erfassen. Wie viel im Bild und der Wahl der Ausdrucksmittel wurde unbewusst und wie viele Elemente wurden bewusst vom Maler in das Bild importiert? Fragen, die sich bei diesem bekannten Bild unwillkürlich stellen und die vollständig zu lösen viel nehmen würde vom Geheimnis der Kunst..