Judith köpft Holofernes
Das Motiv zeigt einen Mann, der von zwei Frauen enthauptet wird. Es ist ein grausames blutrünstiges Motiv. Hintergrund ist eine fiktive überlieferte Geschichte Es ist die Geschichte der Belagerung der Stadt Betulia durch Holofernes und seine Soldaten. Im Barock nahmen sich verschiedene Künstler dieses Themas an.
Darunter war auch die italienische Malerin Artemisia Gentileschi, welche von ihrem Vater in der Kunst der Malerei unterrichtet und gefördert wurde. Judith tötet gemeinsam mit ihrer Magd den mordlustigen Feldherren Holofernes mit List und weiblicher Verführungskunst.
Im Gegensatz zur Darstellung derselben Handlung von Michelangelo da Caravaggio im 22 Jahre früher entstandenen Werk „Judith enthauptet Holofernes“ steht auffallend bei Gentileschi die „aktive“ Teilnahme der Magd. Auch fehlt bei dem Werk von Gentileschi jeglicher zweifelnde Ausdruck in den Gesichtern der beiden Frauen. Ganz anders bei Caravaggio. Dessen Figuren zeigen Wehmut und Nachdenklichkeit. Bei der Magd auch das blanke Entsetzen.
Holofernes als Opfer der Judith
Auffallend auch die komplette Opferhaltung des Holofernes in Artemisias Gemälde. Es fehlt jede Art Gegenwehr des Enthaupteten. Kraftlos reckt er den rechten Arm nach oben. Die beiden Frauen zeigen eine eher maskuline Tatkraft und solidarische Entschlossenheit.
Bei Caravaggio hingegen fehlt diese komplette unterwürfige Rückenhaltung. Holofernes hat hier angespannte Muskeln. Er will keineswegs ohne Gegenwehr geköpft werden. Gentileschis Darstellung vermittelt gerade auch hinsichtlich der offen gezeigten sichtlichen Anstrengung der beiden Frauen eine realistischere Darstellungskraft.
Judith aus der Sicht von Mann und Frau
Ist es in der Tat so, dass die Sichtweise auf diesen Vorgang sich bei Mann und Frau jeweils anders manifestiert hat? So dass zwei – auf den ersten Blick sehr ähnliche – bei näherer Betrachtung jedoch sehr unterschiedliche Bilder desselben Geschehens entstanden sind?
Genehmigte sich vielleicht der Maler Caravaggio in letzter Konsequenz doch noch einen Rest männlichen Stolzes, der sich in der sich aufbäumenden Figur seines Holofernes zeigt und offenbaren sich in der Darstellung der Malerin Gentileschi eventuell auch Wünsche und Sehnsüchte nach einer größeren Freiheit für das ansonsten „schwache“ Geschlecht?