Wie der Schüler Dieter Raedel in der Grundschule Ohorn in der Klasse 7 b mit Sologesang im Musikunterricht auf sich aufmerksam machte.
Meine damaligen Hauptaktivitäten in der Ohorner Schule beschränkten sich gewöhnlich auf das schnelle Erhaschen von negativen Einträgen ins Klassenbuch. Irgendwie hatte ich es rausgekriegt, wie man mit relativ einfachen Operationen die Lehrer zur Weißglut bringen konnte. Besonders meine humoristische Veranlagung und die allgegenwärtige Großklappe lag den Lehrern im Magen. Oftmals kringelte ich mich vor Lachen und infizierte andere Schülerinnen und Schüler. Tja, das störte den Unterricht und im Klassenbuch hagelte es “unaufmerksam” und “frech”. Trotz reichlicher Ernte schien ich von den Einträgen nie genug zu bekommen. Das tut mir schrecklich leid, aber das lag an den Genen, also keinesfalls an mir. Hätten die Gene nicht laufend bei mir verrückt gespielt, wäre ich mit Sicherheit der erste Vorzeigekandidat der Ohorner Schule geworden. Diesen bescheidenen Einschub sollte man wohltuend zur Kenntnis mehmen.
So ergaben sich für mich definitiv wenig Möglichkeiten, die Ohorner Lehrer von meinem Zwilling, dem lobenswerten Menschen in mir, zu überzeugen. Diese Vorzeigeveranlagung ruhte sich in meinem Körper aus, streckte gewöhnlich alle Viere von sich und schnarchte täglich vor sich hin. Nur selten stand eine lobpreisende Rakete auf der Startrampe.
Musikunterricht. Lehrer Frister betritt den linken Schulraum im Erdgeschoss und alle Kunstjünger schnellen nach oben. Wir alle waren gespannt, was der Musiklehrer sich für uns Merkwürdiges ausgedacht hatte. Eigentlich konnte ich Herrn Frister recht gut leiden, weshalb ich auch im Schulchor vertreten war. Nur seine Hausaufgaben glitten meist an meinen Freizeitvorstellungen vorbei. Nun stand der Meister der Musik vor uns und fragte vorsichtig an, wer mal auf die Schnelle ein Lied in den Raum feuern wolle. Wie vom Blitz getroffen fauchte mein rechter Arm nach oben und ich durfte den Versuch wagen, Herrn Frister zu überzeugen. Noch ehe ich die Möglichkeit besaß, den Liedtitel anzusagen, trällerte mein Mund los und aus tiefster Kehle schmetterten drei Verse des Volksliedes “Auf, du junger Wandersmann” in den Raum. Als ich mich von diesem Schreck erholte und meinen unruhigen Hintern auf den Stuhl lancierte, hörte ich das Urteil: Eine Eins ! Welch’ ein Treffer ! Und mir war sofort klar, das musste für das gesanmte Jahr reichen. )
Gruß Dieter Raedel, Berlin.