Prenzlmaler: Das umsichtige Beraten eines erfahrenen Bananenzüchters aus Niederfischbach und seine wirksamen Kommentare für die einheimische Bevölkerung. Glosse.
Ein unscheinbares Haus in der Siegener Ecke beherbergt einen begnadeten Südfruchtspezialisten, der mit großer Begeisterung der ehrenvollen Aufgabe nachgeht, die in Not geratenen Fruchtfreunde fachgemäß zu beraten und sie aus der Betroffenheit durch kluge Ratschläge zu befreien. Mit durchfurchter Gartenstirn sitzt er auf einer Gemüsestiege hinter seinem Beratungstableau, das aus zwei Wassereimern und einem darüber gelegten Brett besteht. Seit 30 Minuten hält er regungslos die Stellung. Heute scheint wohl kein Mensch mehr etwas von ihm zu wollen. Mit geübtem Fingerspiel dreht er die fünfte leere Jägermeister – Flasche, deren Flaschenkopf Richtung Tür verharrt, worauf es klingelt.
„Nur herein, wenn’s kein Schneider ist !“
„Guten Tag, Herr Schmidt, lassen Sie sich nicht stören, ich bin die Schneidern aus Brachbach. Ich habe vor zwei Wochen 52 Bananen in die Erde gedreht, anschließend kräftig gegossen und, ob Sie’s mir glauben oder nich, da tut sich nischt.“
„Was erwarteten Sie nach dem Dreh‘ ?“
„Ich wollte mir eine Hecke aus Bananenbäumen zulegen, aber die Krummen sind nur verfault.“
„Zunächst mal mein Hinweis, sie wollten Bananenstauden züchten.“
„Wenn Sie das sagen, glaube ich’s Ihnen auf’s Wort. Hab ich da was falsch gemacht ?“
„Sie sollten sich zunächst einig werden, welche Sorte Sie sich zulegen möchten. Da wäre die winterfeste Musa Basjoo zu nennen, die Sie sich vom Baumarkt holen können. Wenn die eingeht, ist das nicht weiter schlimm, die haben gewiss genug im Lager. Lassen Sie die Staude in der Wohnung neben der Heizung überwintern und wenn das Frühjahr kommt, bugsieren sie die Gute in den Garten. Graben Sie eine Grube von etwa zwei Metern, merkeln Sie anschließend reichlich Mist rein und rammeln Sie die Pflanze fest. Die obere Schicht können Sie mit geschredderten Ochsenhörnern bestücken, damit genug Luft an die Wurzeln kommt. Der Erfolg wird nicht ausbleiben. Bald wird sie ausschlagen, aber keine Angst, das gehört zum Geschäft. Damit’s noch schöner aussieht, können Sie noch bis zu 1 Meter Höhe einen Kasten rumschneidern. So ist die Staude geschützt und wird bald Rhizome bilden. Dulden Sie unbedingt nur einen Ausläufer, denn zu viele Kinder entkräften die Mutter. Vergessen Sie nicht im Kasten genug Sägespäne zu mulchen. Am besten Sie bedecken anschließend die Staude mit einer Folie, damit sich kein Wasser in den Oberblättern stauen kann, das oftmals der Grund für Fäulnis ist. Auch ist es für die Nachbarn besser, die ja nicht alles wissen müssen. Wenn Sie das alles beachten, dürfte einer reichen Ernte im Herbst nichts im Wege stehn.“
„So einfach hätte ich mir das gar nicht vorgestellt !“
„Wo wohnen Sie denn in Brachbach ?“
„Ich wohne seit Jahren >>Am steilen Weg<<.“
„Das kann nicht gut gehn, Frau Schneider. Ich kenne ihren Ort sehr genau. Ihre Bananenstaude verträgt den schiefen Weg nicht und würde ins Rutschen kommen. Es würde für Sie zu viel Arbeit bedeuten, ständig die Pflanze aus den Nachbargrundstücken wieder nach Hause zu holen. Ziehen Sie am besten in die Ecke „Zum Sonnenweg“. Das ist der mit Abstand sonnenreichste Ortsteil und für Ihre Bananenzucht wie geschaffen.“
„Ein Glück, mir das noch rechtzeitig gesagt zu haben. Ich danke recht schön. Tschüssi !“
„Ja, Glück auf !“
„Nur herein, bin grad‘ in guter Form !“
„Tach‘ och, Herr Schmidt ! Ich hab mir im Billig-Discount ’ne Banane gekauft und die wächst und wächst, riecht mal nach Bohnerwachs, mal nach Spiritus, mal nach frischem Heu, und weiß Gott, ich weiß nicht, wie das komische Ding heißt. Wenn ich das meinen Bekannten in Mudersbach erzähle, ich wohne da auf dem >>Bussardweg<<, glauben die mir kein Wort. Einer von den Brüdern nannte mich schon „Schnatterbus“, eine Unverschämtheit ! Wissen Sie, um welche Art es sich da handeln könnte ?“
„Das ist ohne Zweifel die Asimina triloba, die sogenannte Indiana-Banane, eine wahre Sensation in der Welt der Bananenstauden. Die Pflanze eignet sich hervorragend für kleinere Gartenplantagen und treibt pausenlos vitaminreiche Früchte ans Licht. Tschuldigung, muss meine Kehle anfeuchten.“
„Prösterchen, Herr Schmidt !“
„Weshalb waren Sie hier ?“
„Sie sagten, ich hätte ne Indianer-Staude.“
„Richtig. Das Fruchtfleisch ist von unwahrscheinlich hohem Nährwert und wird aus der 12 cm langen halbierten Frucht ausgelöffelt. Einfach köstlich ! Das Teil kommt aus dem Norden Amerikas und ist resistent gegen Hitze und Kälte. 50 Grad minus sind kein Problem, die steckt alles weg. Diese seltene Pflanze ist ein wahres Highlight der Natur, und es dauerte lange, eh‘ man die da hinkriegte. Ich habe auch so eine. Mal riecht sie nach Ananas, mal nach Mango, mal nach Diesel, mal nach Lidl, seltener nach Schweinemist und noch seltener nach Banane. Und man sollte sich auch nicht wundern, wenn sie nach Leberwurst oder Vanille riecht.“
„Aber ein einziges Blatt hat rote Flecken, die andern sind grün. Warum denn das ?“
„Prost ! Die Taube liebt die Abwechslung, die Abwechslung. Warten Sie am besten, bis das Blatt Wurzeln bildet und danach schneiden Sie es sauber ab. Die Schnittstelle desinfizieren Sie mit Holzkohlenstaub, von Formalin würde ich abraten. Ziehen Sie am besten in die >>Bogenstraße<<, da kriegen Sie schneller den Bogen raus.“
„Das trifft sich gut. Dort wohnt mein Sohn. – Aber Sie sagten, die Staude sei resistent ?! Meine hat aber ein seltsames buschiges Aussehen.“
„Die liebt die Abwechslung, die Abwechslung. Das buschige Aussehen hat sie durch das Stauchen der Blätter, vom BBTV verursacht.“
„BBTV ? Is das der Badische Blinden-Turnverein ?“
„Nein, nein, gute Frau. Das ist die Abkürzung von Banana bunchy top virus. Verstehen Sie ? Den Transport übernahm die Blattlaus-GmbH von Freudenberg. Hahahaaaa ! Kleiner Scherz von mir. Hatten Sie noch einen Wunsch ?“
„Eine Freundin hat eine Bananenstaude mit schwarzen Blättern. Is das ne Neuzüchtung ?“
„Der Onkel Doktor würde von einer Black Sigatoka sprechen, sozusagen die >> Schwarzen Masern<<. Dieser Pilz wurde schnell verbreitet, weil man die kranken Blätter als Verpackungsmaterial benutzte. Wenn alle Blätter schwarz sind, gibt es keine Photosynthese mehr und der Fall hat sich erledigt.“
„Aber, was kann meine Freundin dagegen tun ?“
„Prost ! Sie sollte mal den Pilz >> Yellow Sigatoka<< ansiedeln, der färbt die Blätter gelb. So kommt wenigstens farbliche Abwechslung ins Rennen.“
„Besten Dank, lieber Herr Schmidt ! Und guten Rutsch !“
„Das fehlte gerade noch …hm. Der Nächste !“
„Ja, hallo, wer sind Sie denn ?“
„Ich bin die Frau Richter aus Morsbach von der Lerchenstraße !“
„Ach du grüne Neune. Hier scheint ’n Bachstelzennest zu sein. Hahaa!“
„Was sagten Sie ?“
„Prost !“
„Wohl bekomm’s, Herr Schmidt !“
„Danke. Womit kann ich Sie verwöhnen ?“
„Hab‘ nur ’ne Frage. Was macht man bei Bananengehölz eigentlich gegen Fruchtfliegen ?“
„Stauden ! Stauden, Frau Lehmann ! Sehr zu empfehlen sind die großen Fruchtfliegenfallen, die Sie schon ab 18,99 Euro im Fachhandel beziehen können. Stellen Sie in jedem Raum eine auf und im Garten aller 5 Quadratmeter. Die Sache rentiert sich, da die Nachbarn danach auch keine Fliegen mehr haben und es sich bei den fliegenden Früchtchen rumspricht.“
„Naja, schön, schön, aber kann man sich da nicht selber helfen ?“
„Das geht natürlich auch, Frau Schöne. Nehmen Sie einen Liter Essig, 3 Liter Fruchtsaft, 2 Liter Wasser und einen halben Liter Spülmittel. Die Chemikalien sind die Oberflächenspannungskiller. Selbst Fliegen mit Freischwimmerzeugnis tauchen auf Nimmerwiedersehn in die Tiefe. Das sollten Sie jeden zweiten Tag erneuern und Sie sind die Plage los ! Ups !“
„Und was unternimmt man gegen Flöhe, Herr Schmidt ?“
„Gute Frage, Frau Meyer ! Wenn Sie Flöhe in Ihrer Wohnung feststellen, Frau Bayer, so dürfen Sie davon ausgehn, dass Sie sich Tiere eingeschleppt haben. Lassen Sie sich von den artistischen Einlagen der Flöhe niemals ablenken, sondern ziehen Sie in Betracht, dass die Flöhe auch im Doppelpack Blattläuse per salcho mortadella zu Ihrer Bananenstaude schießen können. Verdammt aufregend ! Wenn Sie die loswerden wollen, ist es angebracht, sich sofort von der Polstergarnitur und den Teppichen zu trennen, wo die sich am liebsten aufhalten. Und vergessen Sie nicht, die Fußleisten zu entsorgen. Den Rest Ihrer Wohnung können Sie mit dem Staubsauger erledigen, Frau Berthold, und von Motten und Schaben möchte ich erst gar nicht berichten. Ups ! Sie können sich auch einen Tennisschläger zulegen und den mit Folie bespannen und damit auf die Jagd ..
Wo sind Sie denn ? Wo denn ? Ich mach‘ jetzt Schluss.“
Herr Schmidt schlummerte ein, doch plötzlich krachte es in seiner Hose und er sagte noch schnell:
„Prosit Neujahr !“
Eine Schnurre von Prenzlmaler.
P.S.:
Alle Namen völlig frei erfunden.