Wasser für die Staatssicherheit gesponsort

Während der Revolutionstage in der „Hauptstadt der DDR“, Berlin, waren im Oktober 1989 die Straßen in der unmittelbaren Umgebung der Gethsemanekirche, die längst zum Zentrum des Widerstandes gegen das SED-Regime in Berlin geworden war, die Straßen voller Menschen. Da ich nur drei Häuser von der Kirche entfernt wohne, konnte man das Protesttreiben auf der Straße bestens beobachten.

Auffallend wenig Polizisten waren zu sehn, doch in Gruppen standen Männer rum, die sich nicht an den Sprechchören beteiligten, sondern beinahe machtlos das muntere Treiben beobachteten: Die Staatssicherheit, die Stasi. Manchmal wurden vereinzelte Männer und Frauen kontrolliert und an den Armen festgehalten, weil irgendein Spruch nicht genehm war. Sicher gab es da auch Verhaftungen, doch das konnte ich von oben nicht richtig einschätzen. Und diese seltsamen Gestalten fotografierten die Protestierenden, um die Menschen einzuschüchtern. Doch das interessierte nicht mehr.

Im gegenüberliegenden Haus sah ich, wie ein Künstler-Kollege sein Fenster im vierten Stock öffnete und die vor seinem Eingang stehenden fünf Stasi-Typen anvisierte. Kurz danach holte er einen Topf Wasser und schüttete diesen Leuten das Wasser ins Genick. Erbost versuchten sie das Fenster der Dusche ausfindig zu machen, was ihnen jedoch nicht gelang. Ich war begeistert, dass er so gut gezielt hatte und bekam Mut, es ihm nachzumachen.

Ich wohnte damals im dritten Stock und besprach mit meinem neunjährigen Sohn den bevorstehenden Einsatz. Er war davon ganz begeistert. Nur wollten wir auch wirklich die Stasi treffen und nicht etwa die Protestierenden. Wir füllten einen Eimer mit Wasser und warteten am geöffneten Fenster ab. Es war bereits dunkel, doch man konnte durch die Straßenbeleuchtung genauestens sehn, was da unten Fakt war. Natürlich wurde das Licht ausgeschaltet. Lange gab’s keine Einsatzmöglichkeit, doch unsere Geduld sollte belohnt werden

Unten stand ein B 1000- Kleinbus und ein Stasifilmer mit einer riesigen Kamera, begann die hintere Tür des Autos zu öffnen, um einen Film zu wechseln. Genau in diesem Moment krachte das Wasser aus meinem Eimer zielgerecht auf ihn und seine offene Kamera. Blitzartig hatte ich das Fenster geschlossen und ging mit meinem Sohn in die Küche, um Abendbrot zu machen. Sollte es klingeln, so hatten wir keine Ahnung, was während unseres Essens da auf der Straße passierte. Nebenan hatte mein Nachbar das mitgekriegt, doch er hat mich nicht angezeigt und es hatte auch nicht an der Wohnungstür geklingelt. So kann ich von mir behaupten, für die Stasi etwas übriggehabt zu haben und spendabel gewesen zu sein.

LG Dieter Raedel.