Enorme Verdrängungsleistung

documenta.Annäherung (3/3)
Enorme Verdrängungsleistung

Na, ich meine, der zweite Teil war etwas verwirrend – jedenfalls ging es mir so – in einer größeren Form als die Buchstaben zuließen eine Abbildung der documenta.
(Freudscher Tipper: dosumenta – passt, gefällt mir gut.)

Solange es nur die documenta selbst betrifft, ist eigentlich Nachsicht angebracht, schließlich sind es (nur vordergründig) Freiwillige, die sich den Einwirkungen aussetzen. Die wollen das, die brauchen das – es ist vielleicht ersatzsexuell, wer kann es sagen, der nicht in dieser Welt keksiger Unrealismen gefangen ist ?? Liest sich kritisch ?? Aber nein.. wenn die Revolution der Kunst angekommen sein wird, um Alle zu befreien, werden die meisten Solchen als Mitläufer freigestempelt und – juhuuuh !! – können ihr Leben einfach weiter führen, als ob Nichts gewesen sei. Das entspricht ziemlich den Tatsachen. Doch was ist mit den Kunsttischtätern ?? Agenten, Kuratoren, Kunsthistoriker wohin man sieht, Experten, Kenner, Könner, Kannengießer und Kasselnießer. Leute, die sich von Kunst bedroht fühlen. (Das könnte erklären, warum die documenta … nein, ich verwerfe diesen Satz. Vergessen, nicht weiter denken, bitte.)

Ein Euphemismus für: „Ihr seid einfach zu doof !!“

Die Leitung der documenta will einen Mann vom Dach haben, quasi Balkenhol aus dem Weg der Blicke; die Leitung der documenta will Gregor Schneider verbieten eine Ausstellung zu machen. Das ist ein Schlag, der die Rockschöße an den Kunstbörsen landauf, landunter wild flattern läßt !! Statt daß sich drei der großen deutschen Religionen: die katholische, die evangelische und die documentale, die Hände reichen und fröhlich – bildlich und statuesk gesprochen – tanzen, gibt’s Zoff. Die Leiterin der documenta proklamiert offenbar einen Alleinvertretungsanspruch, legt Gewicht darauf, durch verschiedene Formen der Äußerung. Eine davon ist das Schweigen.

Alleinkunstvertretungsanspuch. Das ist jedenfalls der Eindruck der erzeugt wird. Zum Glück muß Thomas Bernhard das nicht mehr erleben, oder eine seiner Figuren zwingend daran teilnehmen. Kunsthistoriker, überall Kunsthistoriker, möchte man rufen, erinnert mich an eine ausgerissene Zeichnung von Eugen Egner: „Hier ist auch einer !“

Wahrscheinlich auch Alleinkunsterklärungsanspruch. Tja, das ist wie eine Ausstellung, wo nicht nur im Heftchen jedes Bild erklärt wird, sondern auch jeder Besucher einen, nennen wir ihn Agenten, an die Seite gestellt bekommt, am besten mit einem tragbaren Lügendetektor. Damit sicher gestellt werden kann, daß der Besucher verstanden hat, bevor er entlassen wird. Auf Bewährung, natürlich, denn die beiden Monopolismen erzeugen fix den Alleinkunsterhebungsanspruch. (Das sind die langen Stempel in der documenta.Verwaltung.)

Wäre es noch früher in der Zeit, ich wäre dabei, wenn es gälte einen Ring um Kassel zu legen, aus Ausstellungen in leicht zu erreichenden Nähen, aus Ausstellungen, die Themen haben und Spaß machen, Ausstellungen, die sogar noch relevant sind, wenn man, aus Versehen, die ganz falsche besucht. Aber wem geht es nicht so ?? Eben…
Es ist vollkommen irrelevant, was ich dazu schreibe, die Kunst ist hier schon lange eine Industrie, die sich selbst ständig alt erschafft, erklärt und eifersüchtig hütet sie, was sie zuläßt, auf daß kein Außenstehender, der nicht zuverlässig zugeritten wurde einen Stand machen kann. Stapelbar, vorhersagbar, harmlos, unpolitisch, wohnzimmertauglich und gekauft.
Das ist die große Masse großer Kunst in Deutschland. Da würde eine aufregende Ausstellung nur stören. Ablenken von den propagierten Besinnlichkeiten. Banaler Scheißdreck, wie manche Leute meinen. Und ich kann die gut verstehen – ich bin einer von denen.

Aber die Figuren mit den umgehängten Schildern, die gefallen mir schon ganz gut. So ist am Ende doch noch was Positives zu schreiben, ich grüße Sie, Ihr Unvermeidner.